Sie waren ja schon jahrelang eine erfolgreiche Sängerin. Warum haben Sie dann erst so spät, 2003, Ihr erstes Livekonzert gegeben?

Haller: Eine Zeit lang habe ich ja fünf bis sechs Künstler produziert. Das nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch über das Jahr zusammen mit eigenen Produktionen. Da musste ich mich entscheiden zwischen Bühne und Produktion. Damals hatte ich mich für die Produktion entschieden. Heute ist das weniger. Ich habe mich für meine derzeitige Botschaft entschieden, mit der ich auf die Bühne gehe.

Was ist Ihre jetzige Botschaft?

Haller: Das ist zwischen "Himmel und Erde", das Thema meiner letzten beiden CD`s. Das ist sehr bodenständig, sehr erdig, was ich darüber denke. Da sind meine eigenen Erfahrungen eingebracht. Die letzte Tournee war ausgezeichnet mit Standing Ovations. Das haben Menschen aufgesogen. Es war eine ganz tolle Atmosphäre in diesen Sälen. So will ich jetzt eine Zeit lang weitermachen. Ich singe aber auch die älteren Titel. Es ist ein gemischtes Programm.

Was machen Sie lieber: im Hintergrund als Komponistin, Texterin und Produzentin arbeiten oder als Sängerin im Vordergrund stehen?

Haller: Ich bin lieber im Hintergrund angesiedelt. Das muss an meinen Genen liegen. Aber nach zehn Minuten auf der Bühne kommt soviel zurück von den Zuschauern. Gerade in den vorderen Reihen singen die Menschen dann mit. Sie kennen die Texte ja schon besser als ich. Dann ist das wirklich ein super Erlebnis. Man muss sich eben nur überwinden. Ich habe sehr viel Lampenfieber. Aber das vergeht im Laufe des Bühnenauftritts. Dann ist man eins mit dem Publikum.

Nach 20 Jahren steiler Karriere haben Sie erstmals eine Schaffenspause eingelegt. Was hat sich in der Zeit für Sie geändert?

Haller: Wenn man so lange schreibt, tut es gut, mal an gar nichts zu denken, vor allem nicht an Musik. In meiner Schaffenspause bin ich zudem an Brustkrebs erkrankt und musste mich darum kümmern. Das war ein Zwangsurlaub. Aber auch ohne Erkrankung hätte ich mir mal eine Auszeit gegönnt. Andere Künstler machen jedes Jahr eine Pause und lassen sich erst drei Jahre später wieder sehen. Ich habe nun regelmäßig jedes Jahr von mir eine CD abgeliefert. Für andere Künstler habe ich auch nie eine Pause gemacht. Dann ist man irgendwann "ausgeschrieben". Ein schönes Lied mag sich noch finden. Es wird aber immer schwieriger mit den Hits. Dann muss man auch schauen, wie sich der Markt verändert. Das muss man mitspüren und mitgehen können. Das bleibt ja nicht alles so.

Sie können keine Noten lesen. Wie komponieren Sie dann und wie lernen Sie Ihre Songtexte auswendig?

Haller: Die Songtexte schreibe ich meist selbst mit Bernd Meinunger zusammen. Früher hat Meinunger sie alleine geschrieben. Manchmal schreibe ich auch alleine. Wenn ich den Text ausarbeite, kann ich ihn dann schon auswendig. Ich könnte nicht vom Blatt spielen, wenn Sie mir Noten hinstellen. Aber ich kann Harmonien lesen. Das reicht eigentlich aus.

Hat Sie Ihre Brustkrebserkrankung zum Glauben zurückgeführt?

Haller: Nein, das nicht. Es hat sich aber noch mehr entwickelt. Das mag mit dem Alter, mit der Reife zusammenhängen. Eine Krankheit öffnet sehr und kann eine Chance sein, noch näher ranzukommen an den Glauben. Das ist auch passiert. Aber gläubig war ich schon immer.

Wollen Sie in Zukunft noch mehr CD`s mit christlichen Liedern herausbringen?

Haller: Ja, es kann aber auch in einer anderen Form passieren. Christlich hört sich so nach Kirche an. Das wird es nicht sein. Ich mache keine Kirchenmusik. Ich will den Menschen die Atmosphäre geben, die sie sowieso gerne haben. Auf ihre Fragen will ich eingehen. Man kann sie nicht in drei Minuten beantworten. Dass eine Gemeinschaft entsteht. Ich war jetzt beim Evangelischen Kirchentag in Hannover mit 300.000 Personen. Das Interesse an Kirche wächst immer mehr. Die Menschen suchen etwas Verbindliches. Nachdem Politik und Wirtschaft auf dem absteigenden Ast sind muss etwas Anderes an die Stelle kommen. Da fragt man wieder nach Sinn. Da fragt man nach Gott und seinem Glauben. Das kann noch wachsen. Das ist meine Erfahrung.

Treten Sie jetzt auch in Kirchen auf?

Haller: Das könnte gut mal sein, wenn man mich einlädt. Dann würde ich auch dort Konzerte geben.

Magdeburg, den 2. Juni 2005